Bekannte Unternehmer aus der Ortenau, Zahnärzte aus ganz Deutschland und heimische Coronaleugner zahlen das Bußgeld, das gegen einen Offenburger Arzt für das Ausstellen rechtswidriger Atteste verhängt worden ist. Der bundesweit bekannte Zahnchirurg aus einer Gemeinschaftspraxis neben dem Rathaus setzt sich mit seinem Spendenkonto bei Paypal auch weiterhin über Recht und Gesetz hinweg und macht sich über den zuständigen Strafrichter und die Justizbehörden lustig. Zudem ruft er seine „Patienten“ im Telegram „wirmachennichtmehrmit" dazu auf, sich die „angeblich ungültigen Atteste“ bei ihm neu ausstellen zu lassen, weil „das Verfahren eingestellt“ sei – was natürlich nicht stimmt: Das Urteil ist rechtskräftig!
Nach der Durchsuchung seiner Praxisräume hatte der Arzt eingeräumt, in weit mehr als 200 Fällen unrichtige Gesundheitszeugnisse ausgestellt zu haben, und dafür einen Strafbefehl zur Zahlung eines Bußgeldes in Höhe von 21.500 Euro erhalten. Diese Summe lässt sich der rechtskräftig verurteilte Straftäter nun seit Pfingsten über ein PayPal-Konto von Unterstützern seines Aufbegehrens gegen behördliche Gesundheitsmaßnahmen spenden (siehe Screenshot). Das Konto mit den rund 100 namentlich genannten Spendern ist (zurzeit noch) hier öffentlich einsehbar: paypal.me/pools/c/8zFVOcj3s5
Doch wer finanziert das Ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse?
Die größten Summen kommen von namhaften Unternehmern aus der Ortenau. Einer von ihnen ist bereits mit Aktionen und großformatigen Anzeigen gegen die staatlichen Pandemiemaßnahmen aufgefallen. Wenn regionale Wirtschaftsbosse die Ausbreitung des Virus mit bis zu 2500 Euro unterstützen, ist das natürlich suboptimum: Ein Schlag ins Gesicht für all jene, die sich um das Einhalten der Regeln bemühen.
Weitere Spenden kommen von Zahnärzten aus dem gesamten Land, vor allem aus Ostdeutschland. Einige von ihnen unterzeichneten wie der Offenburger Mediziner im vergangenen Jahr einen offenen Brief an die Kanzlerin. In dem Schreiben mit dem Titel „Ärzte stehen auf“ fordern mehr als 300 Unterzeichner die „sofortige Aufhebung aller Corona-Maßnahmen“.
Die Begründer dieser „Ärzte für Aufklärung“, die sich im Widerstand gegen eine vermeintliche Corona-Diktatur wähnen, sind in der rechten Szene gut vernetzt. Ein Zahnarzt, der den Coronaleugner aus Offenburg mit Geld unterstützt, ist mutmaßlich sogar Mitglied einer regionalen Zahnärztekammer in Niedersachsen.
In dem offenen Brief wird behauptet, dass die Sterberate bei Covid-19 „der einer mittelschweren saisonalen Grippe“ gleiche. Dafür berufen sich die Ärzte auf umstrittene Mediziner wie den Sinsheimer Schwindelarzt Bodo Schiffmann, der die Querdenker-Szene im Südwesten mit aufbaute und sich inzwischen nach Afrika abgesetzt hat. Man beobachte „mit Erstaunen und Entsetzen“, heißt es von den Medizinern weiter, dass Steuergeld „in ein Impfstoff-Projekt mit ungewissem Ausgang und recht kleiner Zielgruppe“ gesteckt werde. Den Politikern gehe es allein um den Erhalt ihrer Macht, die Darstellung der Pandemie in den Medien sei manipuliert, wird dort behauptet. Mindestens 25 Zahnärzte haben mit Beträgen zwischen 100 und 500 Euro bislang etwa 4000 Euro des Bußgelds übernommen.
Der Rest stammt von Kleinspendern aus der regionalen Querdenker-Szene, von AfD-Funktionären und -Unterstützern, von anderen Rechtsextremen sowie von einigen anonymen Geldgebern. Solche Leute beteiligen sich mit Beträgen zwischen einem und 300 Euro. Die Spender bedanken sich beim Maskenverweigerer in Kommentaren immer wieder für dessen „Mut“, sein „Engagement“ und seine „Aufrichtigkeit“ bei den „Aktivitäten im Namen der Grundrechte“ und der vermeintlichen Aufklärung gegen die „Plandemie“. Im „Kampf“ für die „Selbstbestimmung in unserem Land“ sei der verurteilte Straftäter „ein Vorbild für Viele“, heißt es immer wieder. Dem schließt sich auch der Offenburger AfD-Stadtrat Maygutiak an: „Selbstverständlich unterstütze ich Sie gegen diese staatliche Willkür. Hier müssen ALLE zusammenhalten.“ Die Unterstützung eines verantwortungslosen Mediziners ist ihm, genau wie der Person, für die er einst in den Stadtrat nachgerückt ist, jeweils 300 Euro wert.
Initiiert wurde die Spendenaktion für den Offenburger Zahnarzt übrigens aus demselben Umfeld, das schon für eine Offenburger Homöopathin Geld sammelte. Die bundesweit mit ihrer Gitarre bei Querdenker-Demos auftretende Ärztin erhielt ebenfalls einen Strafbefehl über 22.500 Euro für das Ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse, hat allerdings Einspruch eingelegt und sammelt nun für ihre Gerichtskosten. Beide Mediziner werden sich zudem noch mit den zuständigen Ärztekammern auseinandersetzen müssen: Ihnen droht wie schon anderen Ärzten im Land der Entzug der Approbation.