Carl Hermann Günner

Hauptstraße 87

Günner, Carl Hermann 

geboren 10. Juni 1881

verhaftet aufgrund des damaligem § 175 

KZ Natzweiler 

1944 Dachau

ermordet 9. Februar 1945

 

Carl Hermann Günner wurde am 10. Juni 1881 als Sohn der Köchin Sofie Günner unehelich geboren und wohnte mit seiner Mutter in der Goldgasse. Als er am 21. Oktober 1905 Theresia Fischer aus Biberach heiratete, zog das junge Paar in die Spitalstraße 7. Günner war gelernter Buchbinder und eröffnete dort zunächst eine Buch-, Papier- und Schreibwarenhandlung, in der auch Lederwaren und Geschenkartikel vertrieben wurden. Bald erweiterte er das Geschäft um eine Buchdruckerei und Buchbinderei. 1911 verlegte Günner sogar die "Offenburg Nachrichten", das Anzeigenblatt für Offenburg und Umgebung. Stolz ließ er sich im Adressbuch von 1913/14 als "Buchbindermeister" vermerken. Er hatte es also schon in jungen Jahren erstaunlich weit gebracht.

Nach dem Tod seiner Frau im Oktober 1927 verlegte Günner Geschäft und Wohnung am 1. April 1929 von der stillen Seitengasse an den Stadtbuckel in der Hauptstraße. Im Oktober 1932 heiratete er Amalie Neininger aus Ettlingen.
Aus beiden Ehen gingen keine Kinder hervor.

Während der Nazidiktatur geriet der erfolgreiche Geschäftsmann, der sich aus kleinen Verhältnissen emporgearbeitet hatte, plötzlich wegen seiner persönlichen Verhältnisse in Bedrängnis. Vermutlich wurde Carl Hermann Günner vom Landgericht Offenburg auf der Grundlage des § 175 (Homosexualität) verurteilt. Unterlagen über das Verfahren sind nicht erhalten.

Am 9. Februar 1944 wurde er ins KZ Natzweiler deportiert und dort unter der Bezeichnung "homosexuell" geführt. Schon bei der Einlieferung war sein Gesundheitszustand nicht gut und er galt als nur "beschränkt einsatzfähig". Sieben Monate später, im September 1944, verlegte man ihn ins KZ Dachau. Der Winter im KZ dürfte seine Gesundheit vollends ruiniert haben. Am 8. Februar 1945 wurde Günner in  das dortige Krankenrevier eingeliefert und starb dort am folgenden Tag angeblich  auf Grundton eines Herz- und Kreislaufversagens infolge einer Bauchspeicheldrüsenblutung.

Nach dem Krieg führte Günners Witwe Amalie das Geschäft in der Hauptstraße noch einige Jahre weiter. 1956 steht sie zum letztmalig im Adressbuch, allerdings nur noch als Privatperson. Sie starb am 21. März 1957 im Alter von 62 Jahren.

Da Carl Hermann Günner seinen ersten Vornamen in den von ihm geschalteten Annoncen stets mit "C" statt mit "K" schreiben ließ, obwohl er im Melderegister und im Adressbuch mit "Karl" geführt wurde, hat man die von ihm bevorzugte Schreibweise seines Namens auf dem Stolperstein beibehalten.

Quelle: Stadtarchiv Offenburg