Anna Stein

langestraße 41

Stein, Anna

geboren 3. April 1890

deportiert 1940 nach Gurs

zu unbekanntem Zeitpunkt nach Osten

tot "im Osten"

für tot erklärt am 8. Mai 1945

 

Anna Stein wurde am 3. April 1890 als Tochter des Fabrikanten Isaac Stein und seiner Frau Minna in Offenburg geboren.

Sie arbeitete ab 1919 als Laborantin am städtischen Krankenhaus. Zu ihrem Arbeitsbereich gehörten alle Laborarbeiten der Klinik. Anna Stein wurde als sehr zuverlässige Mitarbeiterin geschätzt. 

Am 7. April 1933 schuf das nationalsozialistische Regime mit dem "Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" ein Instrument zur Entfernung politischer Gegner und Juden aus dem Staatsdienst. In Offenburg stellte die Rathausfraktion der NSDAP den Antrag, jüdische Angestellte, die bei der Stadt beschäftigt waren, zu entlassen. Dieser Beschluss traf auch Anna Stein, die die Mitteilung über ihre Entlassung während einer Fortbildung in Heidelberg erhielt. Bürgermeister Holler drückte in dem Kündigungsschreiben sein Bedauern aus: "Dem Antrag der Rathausfraktion der NSDAP entsprechend hat der Stadtrat beschlossen, Ihr Dienstverhältnis auf 1. Juli d. Js. zu kündigen. Ich bedaure, Ihnen diese unangenehme Nachricht übermitteln zu müssen, zumal Sie Ihre Arbeitskraft seit 1919 in durchaus befriedigender Weise in den Dienst des städtischen Krankenhauses gestellt hatten."*

Bis Ende November 1939 wohnte Anna zusammen mit ihrer jüngsten Schwester Elsa noch in ihrem Elternhaus.

Ihr Vater war 1933 gestorben.

Ihr Schwager Oskar May hatte die gemeinsam betriebene Rosshaarspinnerei Gebrüder Stein wohl zunächst weitergeführt. Im Adressbuch von 1937 ist die Firma noch verzeichnet. Die Repressalien der Nazis für jüdische Geschäftsleute zwangen vermutlich auch diesen Betrieb zur Aufgabe. Am 1. April 1938 war Oskar May zusammen mit seiner Frau Rosa nach Frankfurt gezogen - wahrscheinlich mit der Absicht, von dort aus nach Palästina zu emigrieren, was aber nicht gelang. Das Ehepaar wurde nach Theresienstadt deportiert und ermordet.

Der Betrieb wurde arisiert. Im Adressbuch von 1939 ist als neuer Besitzer Hugo Strohmann eingetragen. Die Firma heißt zu diesem Zeitpunkt "Offenburg Rosshaarspinnerei".

Im Dezember 1939 mussten Anna und Else Stein das Haus verlassen und in die Okenstraße 3 umziehen. 

Anna Stein wurde zusammen mit ihrer Schwester Elsa am 22. Oktober 1940 nach Gurs in Südfrankreich deportiert und wahrscheinlich 1942 mit den verbliebenen jüdischen Gefangenen von Gurs nach Osten in die Vernichtung deportiert. Sie wurde am 8. Mai 1945 für tot erklärt.

Quelle: Stadtarchiv Offenburg

              *Zitiert nach Martin Ruch: Verfolgung und Widerstand in Offenburg 1933-1945.