Kaffee, Kuchen und Kultur

Die Mikwe

Die Mikwe, das historische Ritualbad in Offenburg

Vergessen, zum Brunnen umgenutzt und lange Zeit der Öffentlichkeit verschlossen fristete eines der bedeutendsten Kulturdenkmäler Offenburgs viele Jahre ein wenig beachtettes Dasein. 

Das Baudenkmal in 15 Metern Tiefe unter der Glaserstraße 8 stammt aus der Zeit vor dem Stadtbrand von 1689, den es nahezu unbeschadet überstand. In Deutschland sind nur wenige Ritualbäder bekannt, die vor dem 18. Jahrhundert errichtet wurden. Die Offenburger Mikwe zeichnet sich zudem durch eine einzigartige bauweise aus, die immer noch Rätsel aufgibt.


Immer am ersten Samstag im Monat öffnen wir die Mikwe in Kooperation mit dem Museum im Ritterhaus.

Der Eintritt ist frei 

Eine Anmeldung ist nicht nötig

Das Cafe ist geöffnet von 10 - 13 Uhr

 

Termine 2025

01.03.   10 - 17 Uhr

05.04.   10 - 17 Uhr

03.05.   10 - 17 Uhr

07.06.   10 - 17 Uhr

05.07.   10 - 17 Uhr

02.08.   10 - 17 Uhr

 

06./07.09.   10 - 17 Uhr Europäischer Tag der jüdischen Kultur

unser Café ist an beiden Tagen von 10-17 Uhr geöffnet geöffnet

 

04.10.   10 - 17 Uhr

 

Von November bis Februar sind wir in Winterpause

Verfolgung und Ausgrenzung

Mit den Nürnberger Gesetzen von 1935 begann auch in Offenburg eine systematische Ausgrenzung jüdischer Bürgerinnen und Bürger. Öffentliche Orte wurden ihnen verwehrt, bis auf wenige Ausnahmen. Dazu gehörte das jüdische Café der Familie Bloch.

Trotz Widerständen von Nachbarn und Stadt-verwaltung setzte sich Else Bloch durch und eröffnete am 15. Juli 1936 ihr Café in der Oststadt. Ihr Mann hatte wegen wirtschaftlicher Repressionen seinen Essighandel verloren, und so wurde das Café zur Lebensgrundlage der Familie.

“Auch das Ratsherrenkollegium spricht sich

gegen das Gesuch (...) aus.”

Offenburger Tageblatt, Mai 1936

“Ich möchte gegen die Errichtung eines jüdischen Kaffees (...) Einspruch erheben, da zu befürchten

ist, dass durch die Einrichtung eines Judenkaffees die Gebäude in der Augustastraße (...)

an Wert wesentlich verlieren würden.”

Eine Anwohnerin

Ein Raum für Gemeinschaft

Das Café Bloch wurde zu einem Treffpunkt der jüdischen Gemeinde in Offenburg. Zeitzeugen erinnern sich an gute Küche, gesellige Abende und menschliche Nähe. So traf sich zum Beispiel der israelitische Frauenverein dort jeden Monat. 1937 musste das Café nach einem Jahr wieder schließen. Das Haus in der Augustastraße 3 wurde „arisiert“ und später NSDAP-Stützpunkt. Das einst „jüdische” Haus wurde so ein Zentrum des Offenburger Nationalsozialismus. Das Café, das Max Weil im Anschluss in der Blumenstraße 3 betrieb, wurde im November 1938 bei der Reichspogromnacht durch die Nationalsozialisten zerstört, bevor sie zum Salmen marschierten.
Doch Else Blochs Rezepte und ihre Geschichte blieben erhalten – als Zeugnis für ein verfolgtes Judentum. Die Enkel der Familie Bloch erinnern sich noch heute an das „Very good cooking” der Großmutter an einem Ort der Menschlichkeit in unmenschlicher Zeit - mitten in Offenburg.

Die Rezepte

Gemeinsames Essen und das Weitergeben von Rezepten stiftet Identität und bewahrt Traditionen, sowohl in der Familie, als auch in der Religions-gemeinschaft. Else Bloch backte koscher, vielseitig und liebevoll. Ihr handgeschriebenes Rezeptbuch ist heute im Besitz der Familie in den USA und gibt Einblick in die jüdische Alltagsküche jener Zeit in Offenburg. Viele der Rezepte, die rekonstruiert wurden, waren nur bruchstückhaft überliefert. Oft gab es lediglich eine Zutatenliste, manchmal ohne Mengenangaben, meist ohne genaue Anleitung, ohne Temperatur oder Backzeit. Was auf den ersten Blick unscheinbar wirkt, ein Zettel mit „Mehl, Ei, Zucker“, wurde zur Spurensuche. Was genau ist das für ein Teig? Zu welchem Anlass wurde er gebacken? War das ein Schabbat-Gebäck? Oder ein Festtagsstrudel zu Rosch Haschana? Aus dem Backofen kam ein Honigkuchen.

Wie schmeckt Erinnerung?

Die Schwierigkeiten lagen nicht nur in lückenhaften Angaben, sondern in der Geschichte der jüdischen Küche. Die war nie einheitlich, sondern so viel-gestaltig wie die Diaspora. Aschkenasische und sephardische Küche sind sehr unterschiedlich, ein Kuchen in Litauen schmeckt anders als in Marokko. Überliefert wurden viele Rezepte nur mündlich, von Müttern, die liebevoll „nach Gefühl“ kochten. Was nie aufgeschrieben wurde, drohte durch die Shoa verloren zu gehen. Mit dem Mord an sechs Millionen Jüdinnen und Juden zielten die Nationalsozialisten nicht nur auf deren Leben, sondern auch darauf, jüdische Traditionen zu vernichten und Erinnerungen zu tilgen.

 

Danke an Martin Ruch, der das Rezeptbuch der Else Bloch aufgefunden, transkribiert, und dessen Geschichte erzählt hat. Nachzulesen in:

Die Ortenau 102 (2022), S. 257-266.

Ein Projekt von Aufstehen gegen Rassismus zum europäischen Tag der jüdischen Kultur 2025

Dieses Projekt war eine persönliche Reise. Es hat gezeigt, dass Erinnerung nicht nur im Kopf stattfindet, sondern auch in den Händen, im Geruch der Küche, im Geschmack eines Gebäcks, das vielleicht seit hundert Jahren niemand mehr gebacken hat. Und es hat gezeigt, dass man jüdisches Leben heute sichtbar machen kann – nicht nur durch Worte, sondern auch durch Taten, durch Ausprobieren, Backen und gemeinsames Essen: für eine Gesellschaft, die sich erinnert.

Nie wieder ist jetzt!