
„Unbezahlbares Wissen für ihre Selbstheilungskräfte“ wird den Teil-nehmern eines Trauma-Seminars versprochen, das laut Ankündigung am 11./12. Oktober 2025 in einem Gewerbegebiet in Appenweier-Urloffen stattfinden soll. Die zweitägige Veranstaltung aus dem Umfeld der „Germanischen Heilkunde“, zu der mal wieder das Ortenau-Netzwerk um Martin Böllinger, Julia Böllinger und Hubert Kraus einlädt, kostet pro Person 230 Euro, die Anmeldung erfolgt über die Mail-Adresse von Rosamund K. und eine Handynummer. Kursleiter ist der Österreicher Michael Loidl, der sich als Schüler von Ryke Geerd Hamer ausgibt. Von den Zuhörenden wird Kenntnis der „fünf biologischen Naturgesetze“ nach Hamer erwartet, während der ehemalige Kampfsportler Loidl nicht einmal eine medizinische Ausbildung besitzt.
Im Seminar geht es unter dem Titel „Neurophysiologie & Hirnnerven“ trotzdem um individuelle und kollektive Traumata und ihre Behandlung nach der „Germanischen Neuen Medizin“ (GNM) – diese pseudowissen-schaftliche Lehre ist antisemitisch, rassistisch, homophob und fordert immer wieder Todesopfer. Das Seminar ist auf zwei Ebenen unethisch und gefährlich: Zum einen lehnen die Anhänger der GNM die "Schulmedizin" und Wissenschaft kategorisch ab. Das kann im Ernstfall tödlich sein – und ist es auch immer wieder. Zum anderen geht es in der GNM um die Verbreitung rassistisch-völkischer Verschwörungserzählungen.
Die heute vor allem über Telegram-Kanäle beworbene, sektenähnliche Bewegung wurde in den achtziger Jahren von dem 2017 verstorbenen Mediziner Ryke Geerd Hamer begründet. Seiner Ansicht nach lassen sich Erkrankungen allein durch das Auflösen innerer Konflikte bekämpfen, ohne dass man dafür Ärzte, Therapien oder Medikamente brauchte. Hamer verband rassistische Wahnvorstellungen mit alternativen Heilmethoden, war überzeugter Antisemit und verbreitete neben seiner Pseudomedizin entsprechende Narrative: "Schulmedizin" sei eine Erfindung der Juden, um die nichtjüdische Menschheit zu töten. Das gelte insbesondere für die Chemotherapie, die jüdische Patienten deshalb angeblich nicht erhalten.
Schon 1986 hatte Hamer wegen solcher Aussagen seine Zulassung als Arzt verloren, er saß mehrfach wegen Betrugs und wegen der illegalen Aus-übung medizinischer Tätigkeiten im Gefängnis. Dennoch rät die GNM auch weiterhin von "schulmedizinischen" Behandlungen ab: In mehr als 100 Todesfällen wurde von Staatsanwaltschaften untersucht, welche Rolle deren selbsternannte Heiler dabei spielten – dabei geht es vor allem um Krebs, Schlaganfälle und Alzheimer.
Während der Covid-19-Pandemie ist das Interesse an der „Germanischen Neuen Medizin“ noch einmal stark gewachsen. Den Telegram-Kanälen, die diese Ideologie verbreiten, folgen Zehntausende Menschen. Dort und auf ihren Seminaren führen die selbsternannten Heiler regelmäßig Antisemiten, Reichsbürger, Anastasia-Anhänger, Druschba-Freunde und andere esoterisch-rassistische Demokratiefeinde zusammen. Inzwischen gibt auch in der Ortenau mehrere Veranstaltungsorte, an denen regelmäßig solche Seminare abgehalten werden – die Güterstraße in Urloffen gehört nun auch dazu.
Weiterführende, aktuelle Informationen zum Thema in kompakter Form:
https://taz.de/Rechte-Heilpraktikerinnen-/!6100419/
https://www.psiram.com/de/index.php/Germanische_Neue_Medizin