Das Land steht auf

Die AfD ist eine demokratiefeindliche, rechtsradikale und rassistische Partei – das ist nichts Neues. Wir sagen das seit Jahren: Nazis machen Nazi-Sachen. Neu ist, dass jetzt Hunderttausende zuhören; neu ist, dass die sogenannte Mitte auf die Straße geht; neu ist, dass Politiker die Demokratie bedroht sehen. Doch woran liegt das? Was hat sich verändert? Was ist das Besondere am Treffen von AfD-Politikern mit Rechtsradikalen und Unternehmern in einer Villa nahe des Wannsees?

 

Die sogenannte Identitäre Bewegung um Martin Sellner bewirbt seit Jahren ihr Konzept der Remigration, in der AfD, in den Sozialen Medien und in öffentlichen Räumen. Mehrfach waren IB-Aktivisten auch hier in Offenburg, auf unserem Marktplatz. Einer, der auf dem Wochenmarkt in der Hauptstraße ihre Flyer verteilt hat, saß lange für die AfD im Kreistag – hier in der Ortenau, hier in Offenburg. Viele IB-Aktivisten sind inzwischen in der Jungen Alternative und alle haben engen Kontakt zu den AfD-Politikern in Offenburg, in Lahr und im gesamten Ortenaukreis.

 

All das ist nicht neu, all das ist lange bekannt. Wir haben immer wieder auf die Gefahren dieser Aktivitäten aufmerksam gemacht. Weder die Verwaltung noch die Politiker dieser Stadt hat das jemals ernsthaft interessiert. Der Oberbürgermeister von der CDU hielt sein Erscheinen auf unseren Demos für nicht nötig. Er verlasse sich auf die Zivilgesellschaft, wenn Rechte sein Rathaus stürmen, hat er gesagt. An den Geheimtreffen des „Düsseldorfer Forums“ um einen Nazi-Zahnarzt mit NSDAP-Vater haben auch Mitglieder der CDU teilgenommen.

 

Die Deportationspläne, die dort beraten wurden, machen die von uns aufgezeigten Gefahren plötzlich für jeden Menschen ganz konkret, auch hier in Offenburg. Das Konzept der sogenannten „Remigration“ bedeutet den zwanghaften Abtransport aller Ausländer aus der Mitte der Gesellschaft zurück in ihre Heimatländer oder gar nach Nordafrika – aber auch das ist nicht neu: Schon die Nationalsozialisten wollten die Juden nach Madagaskar deportieren.

Vom gewaltsamen Transport wären jetzt auch Menschen betroffen, die seit Jahren bei uns leben, die seit Jahrzehnten zu uns gehören und migrantische Wurzeln haben. Und das betrifft etwa jeden Dritten von uns: 30 Prozent der 5000 Menschen, die heute in Offenburg demonstriert haben, würden deportiert. Das wären 1500 von ihnen: der Freund, die Partnerin, die Nachbarn. Das ist neu, das ist ganz konkret.

 

Und das haben Deutsche schon vor 90 Jahren mit ihren jüdischen Mitmenschen gemacht. Sechs Millionen von ihnen haben unsere Großeltern ermordet. Beschlossen haben die Nationalsozialisten den Holocaust auf der Wannsee-Konferenz, auf den Tag genau heute vor 82 Jahren, nur wenige Kilometer vom aktuellen Treffen in Potsdam entfernt.

 

Aus dem Land schaffen will die AfD auch alle, die nicht in ihr Weltbild passen. Im Nationalsozialismus waren das politisch Andersdenkende, Gewerkschafter, Kommunisten, Sozialdemokraten – heute träfe das auch uns. Schon vor Jahren sagte ein lokaler AfD-Politiker zu unserer Sprecherin: „Du bist die Erste, die wir an der Laterne aufknüpfen, wenn wir an der Macht sind.“ Wir haben das nicht angezeigt, weil es unter vier Augen gesprochen war. Dennoch wurde es gesagt und sie hat es gehört. Und es ist nicht die einzige Bedrohung dieser Art gegen unsere Arbeit.

 

Spätestens seit diesem Vorfall wissen wir, dass die AfD es ernst meint, wenn sie über Soziale Medien und im Wahlkampf ihre völkisch-nationalen Parolen verbreitet, wenn sie Menschen aus unserem Land vertreiben oder gar „entsorgen“ will. Björn Höcke und Götz Kubitschek haben schon 2018 aufgeschrieben, welche „wohltemperierte Grausamkeit“ nötig ist, damit die AfD unser politisches System umbauen kann, weg von der Demokratie hin zur Autokratie oder zur Diktatur. Es geht der AfD um eine „Säuberung“ Deutschlands von "kulturfremden" Menschen!

 

Was können wir dagegen tun? 

 

Verlasst Euch beim Kampf gegen die AfD nicht auf Rechtsprechung und Justiz. Verlasst Euch nicht auf ein Verbotsverfahren gegen die AfD oder auf Anklagen gegen Rechtsradikale. Staatsanwaltschaften im ganzen Land stellen die meisten Verfahren ein, auch hier in Offenburg.

 

Die wehrhafte Demokratie, das sind weder Juristen noch Politiker. Die wehrhafte Demokratie, das sind WIR. WIR alle tragen Verantwortung für unsere Demokratie. WIR alle müssen aufstehen gegen Rassismus, aufstehen gegen die Menschenfeindlichkeit der Neuen Rechten, aufstehen, um unsere Demokratie zu verteidigen, weil unsere Politiker das nicht hinkriegen. WIR brauchen keinen „tief betroffenen“ Oberbürgermeister, der mal wieder aus dem Rathaus flieht, wenn es ungemütlich wird. WIR brauchen einen Oberbürgermeister, der sich mit uns für die Demokratie engagiert!

 

Unsere Demokratie verteidigen WIR aber nicht auf Großveranstaltungen mit Plakaten und Sprechchören. Es ist nötig, dass WIR uns der AfD als Partei und auch all denen, die sie unterstützen, jeden Tag entgegenstellen. WIR müssen wehrhaft sein, WIR müssen laut sein, WIR dürfen nicht schweigen. Schaut nicht beschämt weg, sondern mischt Euch ein, wenn die faschistischen Wölfe im Schafspelz ihren Hass und ihre Hetze verbreiten. Überlasst ihnen nicht die Deutungshoheit, nicht im Netz, nicht am Arbeitsplatz und auch nicht, wenn der Onkel auf der Familienfeier Lügen erzählt.

 

Widersprecht!

 

Mischt Euch ein, wenn der AfD-Stammtisch in Eurem Biergarten stattfindet. Mischt Euch ein, wenn die AfD ihren Stand auf dem Wochenmarkt hat. Mischt Euch ein, wenn die Lokalzeitung rechte Positionen verbreitet. Mischt Euch ein, wenn die AfD im Gemeinderat Anträge stellt. Mischt Euch auch im Kommunalwahlkampf ein, wenn andere Parteien rechte Propaganda nachplappern und versuchen, Stimmen am rechten Rand zu fangen.

 

Schaut genau hin, seid ungemütlich. Schaut Euch an, wer mit der AfD gemeinsame Sache macht, schreibt Leserbriefe, ruft in der Redaktion an - seid ungemütlich. Denn die gemütlichen und beschaulichen Zeiten sind vorbei: Es geht darum, unsere Demokratie mit allen Mitteln und mit all unserer Macht zu verteidigen – sie ist die beste Regierungsform, die wir je hatten. Zeigen wir den Rassisten, was wir von ausländerfeindlicher Politik halten: GAR NICHTS! 

 

Nur so erfüllen wir das zuletzt vielbeschworene „NIE WIEDER!“ mit Leben. Und das ist nötig, damit es nicht zur hohlen Phrase verkommt:

Nie wieder Faschismus!

Klare Kante gegen rechts!

Überlassen wir der AfD nicht unsere Stadt, nicht unser Land!