Haftstrafe für Maygutiak

Zu drei Monaten Freiheitsentzug, ausgesetzt für zwei Jahre auf Bewährung, hat das Amtsgericht Offenburg im Namen des Volkes am Freitag Taras Maygutiak, Sprecher und Bundestagskandidat der AfD Ortenau, verurteilt. Der Fraktionsvorsitzende der AfD im Gemeinderat muss außerdem 5000 Euro an die Stiftung „Erinnerung – Verantwortung – Zukunft“ (EVZ) zahlen sowie 50 Arbeitsstunden beim „Ökumenischen Arbeitskreis Asyl“ in Offenburg leisten – falls die ihn bei sich arbeiten lassen wollen. Die Bewährungszeit solle Maygutiak nutzen, so sagte es der Richter am Amtsgericht Patrick Lehmann, darüber nachzudenken, ob der Weg der AfD für ihn der richtige oder nicht doch ein Irrweg ist.

Der Prozess fand statt, weil Maygutiak im Frühjahr 2024 in zwei Fällen Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen im Internet verbreitet hatte, indem er bei Facebook Fotomontagen mit Hakenkreuz-Fahnen der NSDAP postete. In einem Fall hat er die Behauptung geteilt, dass es 1933 auch damit angefangen habe, dass „Medien kontrolliert, Parteien verboten, Kinder indoktriniert, Meinungen unterdrückt, das Volk gespalten, Meldestellen eingerichtet, Andersdenkende verraten, Bürger diffamiert wurden“, und dasselbe der Bundesregierung unterstellt.

Im anderen Fall hat er die Ansicht einer Stadt, die vor 1945 mit Hakenkreuzfahnen geschmückt war, der aktuellen Ansicht einer Stadt mit Regenbogenfahnen gegenübergestellt, und damit die LGBTQ-Bewegung der Schreckensherrschaft des Nazi-Regimes gleichgesetzt. Beide Posts waren übereine Online Plattform angezeigt worden. Insbesondere die Gleichsetzung des nationalsozialistischen Regimes mit der LGBTQ-Bewegung hat der Richter scharf verurteilt.

Maygutiak argumentierte vor Gericht, dass die NSDAP eine sozialistische Partei gewesen sei, und dass er Sozialisten insgesamt verachte. Vermutlich hat er diese bildungsferne Geschichtsverdrehung dem Leserbrief entnommen, den sein Kamerad Antonio Notarianni schon vor einigen Wochen im Offenburger Tageblatt verbreiten durfte. Auch dort hatte die AfD behauptet, dass die Nationalsozialisten wie die Sozialdemokraten Sozialisten gewesen seien.

Den Vorwurf des Antisemitismus wies er mit der Behauptung zurück, dass es viele Juden in der AfD gäbe, weil seine Partei als einzige den wahren Antisemitismus bekämpfe – nämlich den von Muslimen.Die Kriminalstatistik präsentiert allerdings ganz andere Zahlen, dass nämlich vor allem Hass und Hetze der AfD und anderer rechter Parteien Grund dafür sind, dass sich viele Jüdinnen und Juden in Deutschland nicht mehr sicher fühlen.

Vor Gericht vertreten wurde Maygutiak von Szene-Anwalt Dirk Schmitz, der gegenüber dem Staatsanwalt sogar behauptete, dass dieser „politische Verfolgung in schwarzer Kutte“ betreibe.

Das heutige Urteil ist ein wichtiges Zeichen gegen den Rechtsextremismus in der Ortenau. Zu lange schon haben Staatsanwaltschaft und auch der Offenburger Gemeinderat dem Treiben der AfD nur zugesehen. Antisemitismus, Rassismus, Volksverhetzung und Beleidigungen spielen sich nämlich nicht hauptsächlich auf dem Marktplatz oder in den Hinterzimmern der AfD-Treffen im Brandeck ab, sondern im Internet, nicht nur bei Facebook, Instagram oder TikTok, sondern vor allem in einschlägigen Chatgruppen bei WhatsApp und Telegram. In der Öffentlichkeit sieht man daher stets nur die Spitze des Eisbergs.

Richter Lehmann hat dem Fraktionsvorsitzenden der AfD heute klar die Grenzen aufgezeigt, jenseits derer er immer wieder gegen Recht und Gesetz verstößt. Wir begrüßen dieses Urteil sehr und wenn der Bundestagskandidat der AfD im Wahlkreis Offenburg Pech hat, fällt seine Strafe in einem eventuellen Berufungsverfahren sogar noch höher aus.
Auftrag der Berliner Stiftung EVZ, an die die Geldstrafe in Raten zu mindestens je 500 Euro gezahlt werden muss, ist es, die Erinnerung an das Unrecht der nationalsozialistischen Verfolgung lebendig zu halten und sich für Menschenrechte und Völkerverständigung einzusetzen. Ihr Motto: Lasst uns Verantwortung übernehmen. Gemeinsam für Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Für die gleiche Würde und die gleichen Rechte aller Menschen.

Bild: Dirk Schmitz und Taras Maygutiak vor dem Amtsgericht Offenburg (Foto: AgR).