Offenburger Tageblatt bestreitet Rechtsruck

 

Erneut weigert sich das Offenburger Tageblatt, einen Leserbrief von uns zu einem der vielen rechtspopulistischen Beiträge im Blatt abzudrucken. Diesmal aber haben wir eine Antwort des Redaktionsleiters erhalten, der den Abdruck ausgerechnet mit dem Hinweis darauf ablehnt, dass er Anhänger „einer möglichst großen Diskursbreite auf einer möglichst breiten Informationsbasis“ sei. Er lasse sich „vor keinen Karren spannen“, auch nicht vor unseren.

 

Das Leserbrief-Forum sei für „Leser“ gedacht, nicht für „politisch Agierende“ – die Leserbriefschreiber des Offenburger Tageblatts sind demnach unpolitisch. Dass das Offenburger Tageblatt „rechtskonservative Kräfte“ protegiere, bestreitet er, aber der Rechtsruck im Blatt ist für jeden Offenburger seit mehr als einem Jahr deutlich sichtbar (siehe das Foto mit ausgewählter Propaganda).

 

Leserbrief von Aufstehen gegen Rassismus Offenburg an das Offenburger Tageblatt zum Artikel „So reagiert der Ortenaukreis auf die Flüchtlingslage in Afghanistan“ vom 17. August 2021:

„Das Landratsamt bereitet sich klugerweise darauf vor, Menschen aus Afghanistan aufzunehmen. Bei ihnen handelt es sich überwiegend um sogenannte Ortskräfte, die zivile Einrichtungen und die Bundeswehr dort in den vergangenen 20 Jahren unterstützt haben. Ihnen wurde versprochen, dass sie dafür nach Deutschland einreisen dürfen, wenn sie von den Taliban bedroht werden. Einige sind schon seit Jahren hier gut angekommen. Doch das Offenburger Tageblatt suggeriert unter einer reißerischen Überschrift, dass in der Ortenau Tausende von Flüchtlinge erwartet werden, und lockt damit die menschenverachtenden Kommentatoren der AfD auf seine Internetseiten, weil das Traffic generiert. Dazu passt die von der NZZ eingekaufte ausländer- und islamfeindliche Hetze mehrfach pro Woche. Von verantwortungsvollem Journalismus haben sich Chefredaktion und Herausgeber offenbar längst verabschiedet. Stattdessen missachten sie ihre eigenen Regeln und unterstützen rechtskonservative Kräfte im Wahlkampf.

Verehrte Redakteure: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Das Grundgesetz zielt auf die Würde aller Menschen, auch derjenigen, deren Länder wir ausbeuten, mit Waffen versorgen oder mit Krieg überziehen, und die dann als Geflüchtete den Weg hierher finden. Hier sollten wir sie mit Menschlichkeit, Empathie und Toleranz empfangen, statt Hass zu schüren und den Wahlkampf der AfD zu befördern. Die Zeiten sollten doch vorbei sein, in denen das Offenburger Tageblatt einem Nationalismus das Wort redet, der zu Leid, Elend und Tod führt. Nur gemeinsam und in Solidarität kann diese Welt ein Stück weit besser werden.“

 

Antwort des Redaktionsleiters beim Offenburger Tageblatt vom 20. August 2021:

„Wir haben tatsächlich unterschiedliche Vorstellungen davon, was verantwortungsvoller Journalismus zu leisten hat. Unserer Auffassung nach jedenfalls nicht die Veröffentlichung einer, nämlich der ‚richtigen‘ Meinung (welcher auch immer), sondern ein Angebot einer möglichst großen Diskursbreite auf einer möglichst breiten Informationsbasis. Sehr viele Leser schätzen dies, auch wenn sie sich nicht mit allem identifizieren können. Dass Sie dies anders sehen, ist ihr gutes Recht. Dass Sie uns jedoch, wiederholt, vorwerfen, wir würden ‚rechtskonservative Kräfte‘ protegieren und uns dabei eigene Regeln schaffen, ist – ohne politische Scheuklappen – betrachtet völlig abwegig. Wir lassen uns vor keinen Karren spannen – auch nicht vor Ihren. Ihren Leserbrief werden wir nicht veröffentlichen, weil unser Leserforum für unsere Leser gedacht ist und nicht für politisch in Mandaten und Funktionen Agierende. Dies handhaben wir selbstverständlich über das gesamte politische Spektrum hinweg.“ [Grammatik- und Zeichenfehler im Original]

 

Wir haben die Chefredaktion daraufhin folgende Antwort geschickt:

„Es spricht für sich, dass Sie auch diesen Leserbrief des Bündnisses Aufstehen gegen Rassismus nicht abdrucken wollen. Meinungsvielfalt endet für Sie offensichtlich dort, wo man Sie auf den Rechtsruck im eigenen Blatt anspricht. Doch seien Sie versichert, der ist nicht nur uns offensichtlich. In der Stadt redet man schon lange über den Ankauf von Seiten aus der neurechten Szene (Tichy) und der rechtskonservativen Presse aus der Schweiz (NZZ). Nein, Sie lassen sich nicht vor einen Karren spannen – Sie treiben ihn an! 

Vielleicht sollten Sie zur Wahrnehmung solcher Stimmen mal die Blase derjenigen verlassen, die Sie mit Ihrem Rechtspopulismus regelmäßig in die Sozialen Medien locken, um ihre Klickzahlen zu erhöhen: Querdenker und AfD-Anhänger. Wir beobachten die von Ihren Redaktionen fast gar nicht moderierte Hetze in den Foren der Mittelbadischen Presse schon lange – und andere Menschen in der Stadt sehen das genauso. Viele sorgen sich sogar deswegen. Wir nicht: Wir empören uns!

Und was ist eigentlich verantwortlich daran, wenn Sie einem verurteilten Straftäter (ohne jegliche journalistische Einordnung!), der immer wieder die Pandemie leugnet, Gelegenheit geben, gegen Pandemiemaßnahmen, Corona-Tests und Corona-Impfung zu wettern? Darüber, dass der sich seinen Strafbefehl von seinen undemokratischen Gesinnungsgenossen via PayPal finanzieren lässt, hat man im OT kein Wort gelesen! 

Vielleicht denken Sie mal darüber nach, welche unrühmliche Rolle die Tageszeitung, der Sie heute als Chefredakteur vorstehen, während der Zeit des Nationalsozialismus gespielt hat. Hat man in Ihrem Haus eigentlich nichts daraus gelernt?

P.S.: Wir werden unseren Leserbrief, Ihre Erklärung und unsere Antwort über unsere Kanäle öffentlich machen.“

 

 

Der Rest ist Schweigen.